Ganz offen, ganz völkisch – Egal ob Potsdam oder Schnellroda: Rassistische Säuberungsfantasien verhindern!

 

Vom 16. bis zum 18. Februar findet die Winterakademie des faschistischen Instituts für Staatspolitik (IfS) statt. Zu den häufigsten Gästen in der Vergangenheit gehörten AfD-Bundestagsabgeordnete wie Roger Beckamp, Jan Wenzel Schmidt oder Martin Reichardt, prominente Landtagsabgeordnete wie Björn Höcke, Hans-Thomas-Tillschneider, Hans-Christoph Berndt oder Andreas Kalbitz.
Beobachter*innen der Recherchen der letzten Tage und der extremen Rechten im Allgemeinen kennen diese Namen nur zu gut: So war beim rassistischen Treffen, welches das correctiv-Rechercheteam aufgedeckt hat, u.a. der gewaltbereite Neonazi Mario Müller zugegen, der Mitarbeiter von Jan Wenzel Schmidt ist. Beide kennen sich wohl über die „Identitären“ und beide sind regelmäßig in Schnellroda beim IfS. Müller hat im angeschlossenen Verlag auch eine dünne Broschüre veröffentlicht. Auch Silke Schröder, die im Vorstand beim „Verein Deutsche Sprache“ (VDS) war und am erwähnten Treffen teilgenommen hat, war bereits in Schnellroda und konnte dort ihr Buch vorstellen.
Oliver Kirchner ist darüber hinaus der Kollege von Ulrich Siegmund, der „privat“ an dem Treffen teilgenommen haben will. Was absurd ist, weil man sich bei der AfD in Sachsen-Anhalt ganz offen dazu bekennt, die völkischen Remigrationsfantasien aus dem Umfeld der „Neuen Rechten“ zu unterstützen und voranzutreiben. Höcke hat seine berüchtigte Rede über den „afrikanischen Ausbreitungstyp“ genau deshalb beim IfS-Guru Kubitschek gehalten.
Schon 2018 hat die „Identitäre“ und IfS-Referentin Caroline Sommerfeld in der Zeitschrift Sezession, also eher für ein Szenepublikum, die Frage gestellt „Bin ich völkisch?“. Ihre Antwort darauf war ein klares Ja. Und auch hier gibt es den für die extreme Rechte konstitutiven Unterschied zwischen „Volksdeutschen, Abstammungsdeutschen und Passdeutschen“. Hier findet man, fünf Jahre vor dem Geheimtreffen, ganz offen das Bekenntnis dazu, rassistisch definierte „Fremde“ und politische Gegner*innen konsequent auszugrenzen – oder um es in Sommerfelds menschenverachtenden Worten über Deutsche, die ihr nicht passen, auszudrücken: „Sie sind in einem wesentlichen Sinne keine Deutschen, haben ihre Volkszugehörigkeit verwirkt.“
Genau darum ging es in Potsdam und geht es der AfD bundesweit, auch aufgrund des Einwirkens völkischer Netzwerke. Es geht um die Negation bürgerlicher Rechte, die schon heute für viel zu wenige tatsächlich vorhanden sind, und die Neu-Organisierung des Gemeinwesens auf Basis dieser völkischen Esoterik. Wer seine Volkszugehörigkeit verwirkt hat, das entscheiden dann die Faschist*innen.
Das Besondere an der Strategie ist, dass die AfD zum einen die genuin rassistischen Säuberungsfantasien bedient, etwa vor dem einem extrem rechten Publikum wie in Potsdam oder in einem entsprechenden öffentlichen Setting – man denke an Höckes faschistische Rede in Gera – und diese explizit zur Mobilisierung und Selbstvergewisserung nutzt. Hier wird deutlich, was die Partei wirklich will: Ihre Funktionär*innen sprechen es immer wieder aus, um auf Kurs zu bleiben. Gleichzeitig versichert man in der Partei zum anderen, dass es um Integration und Asylsuchende, um Nützlichkeit und Ordnung gehen würde.
Man fordert eine „Festung Europa“, verspricht steuerliche Entlastungen und bessere PISA-Ergebnisse für „Passdeutsche“ – eben ein „normales Deutschland“. Das machen sie einerseits aus Gründen der Selbstverharmlosung, denn wenn Sommerfelds völkische Propaganda wortgleich ins AfD-Grundsatzprogramm aufgenommen würde, könnten auch die größten Verharmloser*innen den Faschismus kaum übersehen. Aber das machen sie auch, um an den politischen Rechtsruck anzuknüpfen, der seinen Ausdruck in der konkreten Regierungspolitik gefunden hat.
Denn wenn die Ampel immer mehr Staaten zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt, Frontex aufrüstet und Pushbacks legitimiert, Gefängnisse an den EU-Außengrenze befürwortet und Seenotrettung einschränkt, dann können Landespolitiker*innen wie Tamara Zieschang (CDU) sagen, dass die Entrechtung von Geflüchteten noch nicht weit genug gehe und auch große Teile der Kommunalpolitik darin einstimmen, dann gelten Geflüchteten längst nicht mehr als Menschen, sondern sind bloß noch ein Motiv für eine gesellschaftliche Krise. Haushaltspolitik, Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik – irgendwo findet sich immer ein*e Rassist*in, der*die auch in diesen Themenfeldern über Geflüchtete reden will – und kurze Zeit später wird ein Gesetz verabschiedet, welches die Menschenrechte missachtet.
Hier kann die AfD perfekt anknüpfen, wenn sie nicht direkt mit der völkischen Esoterik ins Haus fällt. Wo die Regierung die Geflüchteten nur noch problematisiert, ist die AfD auf der sicheren Seite, wenn sie der Regierung Untätigkeit gegenüber diesem vermeintlichen Problem unterstellt. Es ergibt für sie Sinn, nicht nur über „Rasse“ (wie in Schnellroda oder beim Geheimtreffen) zu reden, sondern eben über Pässe, Grenzen und Arbeitsquoten. Sie fordern die bereits existierende „Festung Europa“ und werfen der Regierung dann vor, dass diese kein einziges Problem löst. Die Regierung wundert sich, dass trotzdem Leute AfD wählen und trägt zur weiteren rassistischen Verschiebung der Politik bei.
Dieses politische Elend, welches jeden Tag Leid an den Grenzen produziert, muss bekämpft werden. Natürlich ist es uns vor allem ein Anliegen, das faschistische IfS und seine völkische Ideologie, die in der AfD Konsens geworden ist, zu zerschlagen. Dafür muss es aber ebenso darum gehen, aus dem Rechtsruck rauszukommen. Immer weitere Asylrechtsverschärfungen, die rassistische Ausgrenzung von Geflüchteten, die tödliche Realität der „Festung Europa“ – das passiert schon jetzt und öffnet einer weiteren Verbreitung von Ideologien der Ungleichheit Tür und Tor. Konsequent gegen den Rechtsruck wirken kann nur eine antifaschistische Politik, die Menschenrechte für alle in den Fokus nimmt und der Verwaltung des Elends entgegentritt.

Das IfS will bei dieser Winterakademie zudem das Thema Russland bedienen und kündigt an, einen „deutschen Sonderweg“ darzulegen. Welcher Sonderweg hier gefordert wird, wird mit Blick auf die Politik des russischen Regimes deutlich.
So setzt der Staat zum Ersten auf das Abstammungsprinzip. Damit einher geht ein starker Bezug auf das Volk, das sich – laut der herrschenden Propaganda – in einem Überlebenskampf befinde, da seine Existenz wahlweise durch Atheismus, Zuwanderung, „Genderpropaganda“ oder weitere, als „volkszersetzend“ beschriebene, Einflüsse bedroht sei.
Zum Zweiten ist der „großrussische“ Nationalismus inzwischen hegemonial, dessen Ziel es ist, einen russischen Großstaat zu errichten. Diesen Aspekt bekommt die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 besonders zu spüren.
Zum Dritten lässt sich zunehmende Denunziation demokratischer Verhältnisse feststellen, da diese in verächtlicher Manier als verweichlicht und ineffektiv gebrandmarkt wird. Konsequent ist dann nur, dass es zu einer Etablierung eines Autoritarismus in Russland kommt, in dem kein Platz für demokratische Elemente ist.
Das IfS predigt mitsamt seinem Anhang seit Jahren ebenjene Inhalte und findet genau deswegen Gefallen an diesem Staats- und Gesellschaftsmodell.
Die russischen Zustände wecken auch Sympathien bei der AfD, für die das IfS gerne Think-Tank spielt. Der ukrainische Rechtsextremismusforscher Anton Shekhovtsov charakterisiert die AfD als größte europäische Partei der extremen Rechten mit deutlich prorussischer Haltung. Erinnert sei an dieser Stelle an Besuche von AfD-Funktionären (zum Beispiel Hans-Thomas Tillschneider aus dem Saalekreis) in Russland – auch nach dem Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022.
Der AfD geht es um die Liquidierung der Ukraine-Solidarität zugunsten eines deutsch-russischen Bündnisses – ohne „Volkszersetzung“ oder „demokratische Verweichlichung“. Das geht aus zahlreichen Reden, Reisen, Anträgen (im Bundestag und im EU-Parlament) und AfD-Programmatiken hervor.
Der „deutsche Sonderweg“, den das IfS erörtern will, heißt nichts anderes als Distanzierung von den Angegriffenen und eine Annäherung an die Angreifer, verstanden als größtmögliche Gegnerschaft gegenüber jedweder Emanzipation. Dazu knüpft der gewünschte „Sonderweg“ an die Sonderwegsdebatte über Deutschland und den NS an. Historiker*innen, die den „deutschen Sonderweg“ konstatierten, argumentierten, dass der „deutsche Weg“ in die Moderne besonders verlaufen sei und dementsprechend die NS-Terrorherrschaft bedingt hat. Sie meinen das kritisch, während beim IfS mit dem Begriff spielt – und ihn positiv für sich nutzen will, als Vision für ein faschistisches Deutschland hervorholt.
All dem gilt es sich zu widersetzen: Der Heroisierung des Angriffskriegs auf die Ukraine, dem gewünschten „deutschen Sonderweg“, den rassistischen Säuberungsfantasien und der gesamten extremen Rechten!

In diesem Sinne freuen wir uns über alle, die am 18. Februar ab 12 Uhr mit uns nach Schnellroda kommen – seid dabei und demonstriert mit uns gegen das faschistische IfS!

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