Redebeitrag “Politik der Tat” 20.09.19

Liebe Zuhörer*innen,

wir möchten unseren Beitrag, auch in Anlehnung an das Motto der diesjährigen Sommerakademie des faschistischen Instituts für Staatspolitik, die Überschrift „Politik der Tat“ geben. Ziel ist es aufzuzeigen, welche realen Konsequenzen die in Schnellroda betriebene faschistische Ideologieproduktion hat.

Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Komplize des Mörders von Walter Luebcke wohl enger in die Planungen des Mordes eingebunden war, als zuvor angenommen. Der Mörder und sein Komplize sollen sich gegenseitig radikalisiert und in ihrer Radikalisierung gegenseitig bestätigt haben. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Komplizen wurde unter anderem das Buch „Umvolkung“ von Akif Pirinccigefunden, darin gelb markiert der Name des Opfers. Die Stelle des Buches in welcher der Name genannt wurde nimmt Bezug auf einen Informationsabend zur Aufnahme Geflüchteter, den der Komplize des Täters filmte und in dessen Folge Luebcke mehrmals massiven Drohungen ausgesetzt war, die schlussendlich leider auch umgesetzt worden sind. Das Buch indem der Name Luebckes markiert wurde, erschien im hier, in Schnellroda, ansässigen Antaios-Verlag Götz Kubitscheks.

Ein weiteres von Antaios verlegtes Buch trägt den Titel „Der große Austausch“ und ist die deutsche Übersetzung des vom französischen Faschisten Renaud Camus verfassten Buches gleich Namens. Die Übersetzung besorgte der Österreicher Martin Semlitsch, Stammautor des Antaios-Verlags und enger Wegbegleiter Martin Sellners. Im März dieses Jahres erschoss eine Person im neuseeländischen Christchurch in einer Moschee über 50 Menschen und filmte sich bei der Tat. Zuvor hatte er ein Manifest online gestellt, welches, auf Deutsch, ebenfalls den Titel „Der große Austausch“ trägt. Wenig später wurde bekannt, dass Martin Sellner, ebenfalls Autor des Antaios-Verlages, eine vierstellige Summe von dem Attentäter erhielt und einen E-Mail-Austausch mit ihm pflegte.

Der ideologische Zusammenhang zu Massenmorden hat jedoch quasi eine Tradition im Hause Antaios. Im Jahre 2011 gaben der bereits erwähnte Martin Semlitsch und Manfred Kleine-Hartlage die Übersetzung „Europa verteidigen. Zehn Texte.“ Des norwegischen Bloggers Fjordman heraus. Fjordmans Texte inspirierten wesentlich das Manifest des Massenmörders Anders Breivik, der in Oslo und Utoya 77 Menschen tötete. Erwähnenswert ist, dass die Texte Fjordmans nach dem Massaker übersetzt wurden, als auch seine Bedeutung für die Weltanschauung Breiviks bekannt war.

Anhand dieser drei Beispiele sollte klar geworden sein, dass die hier in Schnellroda betriebene Ideologieproduktion nicht so harmlos und vom Tagesgeschehen entrückt ist, wie es die Inszenierung des sogenannten Instituts suggeriert. Hier verlegte Bücher bilden sowohl die weltanschauliche Basis für konkrete Taten, wie der Mord an Luebcke zeigt, reagieren auf konkrete Taten, so die Übersetzung der Texte Fjordmans oder interagieren in einem ideologischen Feld der wechselseitigen Bezüge und ideologischen Verhärtungen: Der Massenmörder von Christchurch sah die Videos des Kopfes der österreichischen Identitären Martin Sellner und sein Manifest bezieht sich auf dasselbe Untergangsszenario, seine griffige Ausdrucksform im Titel „Der große Austausch“ findet.

Es ist daher weiterhin notwendig die sogenannten Akademien des Institut für Staatspolitik in den Blick zu nehmen, da hier etwa 150 meist junge faschistische Kader ideologisch geprägt werden und, dies sei ebenfalls erwähnt, die oben genannten Bücher des Verlags hier niedrigschwellig käuflich erwerben können.

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