Am 13.02.2022 fand die Bundespräsident*innenwahl statt. Die AfD schickte dabei mehrere Personen zur Wahl, die Kontakte zum extrem rechten „Institut für Staatspolitik“ („IfS“), dem dazugehörigen „Verlag Antaios“ und der Zeitschrift „Sezession“/“Sezession im Netz“ aufweisen. Im folgenden Beitrag dokumentieren wir eine Auswahl an Personen mit Verbindungen zum „IfS“, die sich an der Wahl beteiligten:
Roger Beckamp, Mitglied des Bundestags (Mitglied des Bundestags, MdB), aus Köln schrieb 2019 einen Gastbeitrag für die „Sezession im Netz“ [1].
Ein prominenteres Beispiel: Alexander Gauland (MdB) aus Brandenburg. Ehrenvorsitzender der AfD und der AfD-Bundestagsfraktion, ehemaliger Bundessprecher und Fraktionsvorsitzender der AfD. Gauland referierte auf der „19. Winterakademie des IfS“ in Schnellroda zum Thema „Populismus und Demokratie“ [2]. Dieser Vortrag erschien in der „Sezession Nr. 88“ als Gastbeitrag [3]. Zudem erschien im „Verlag Antaios“ Gaulands Buch „Nation, Populismus, Nachhaltigkeit“ [4].
Auch Marc Jongen (MdB) aus Baden-Württemberg weist Verbindungen zum „IfS“ auf. In der Öffentlichkeit wird er als „Parteiphilosoph“ oder „Chefideologe“ der AfD bezeichnet. Jongen hielt zwei Vorträge für das „IfS“. Zum einen auf dem „5. Staatspolitische[n] Kongress: Leitkultur und Sezession“ zum Thema „Was ist und wozu brauchen wir Leitkultur?“ [5] und auf der „17. Winterakademie: Gewalt“. Thema seines Vortrags war „Migration und Thymosspannung“ [6]. Dieser Vortrag erschien in der „Sezession Nr. 76“ [7]. Außerdem hielt Götz Kubitschek mit Jongen ein Interview ab [8].
René Springer (MdB) aus Brandenburg schrieb für die „Sezession im Netz“ mit weiteren Autoren einen Gastbeitrag zur Rolle der AfD in Brandenburg [9].
Alice Weidel (MdB) aus Baden-Württemberg hielt auf der „20. Sommerakademie des IfS“ einen Vortrag zum Thema „Politik in Berlin“ [10]. Weidel ist wie Gauland ein ranghohes AfD-Mitglied. Sie war Spitzenkandidatin für die AfD zur Bundestagswahl 2021. Seit dem 30. September 2021 ist sie mit Chrupalla Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, seit dem 30. November 2019 stellvertretende Bundessprecherin der AfD und seit Februar 2020 Sprecherin des AfD-Landesverbandes Baden-Württemberg.
Harald Weyel (MdB) aus Nordrhein-Westfalen hielt auf der „19. Sommerakademie des IfS“ einen Vortrag zum Thema „Die verdammten Europas“ [11]. Ein gleichnamiges Buch von Weyel erschien mit einem Nachwort von Erik Lehnert [12]. Lehnert ist unter anderem Vereinsvorsitzender des „IfS“ (mehr siehe unten).
Björn Höcke, (Mitglied des Landtags MdL), aus Thüringen weist zahlreiche Berührungspunkte mit dem „IfS“ auf. Er ist Sprecher der AfD Thüringen und seit 2014 Fraktionsvorsitzender der AfD Thüringen. Bekannt ist er aufgrund seiner besonders rechten Position innerhalb der ohnehin extrem rechten AfD. Er war an der Gründung der extrem rechten Strömung „Der Flügel“ in der AfD beteiligt. Auf dem „3. Staatspolitischen Kongress des IfS“ hielt er einen Vortrag zum Thema: „Asyl – eine politische Bestandsaufnahme“ [13]. Für die „Sezession“ wurde er zusammen mit Stefan Scheil von Götz Kubitschek interviewt [14,15]. 2019 fand erneut ein Interview zwischen Kubitschek und Höcke unter dem Thema „Unruhe ist Pflicht“ für die „Sezession“ statt [16]. So auch 2020, diesmal zum Thema „Der Flügel“ innerhalb der AfD [17].
Erik Lehnert wurde auf einer Vorschlagsliste der AfD gewählt, um an der Bundespräsident*innenwahl teilzunehmen. Er ist Referent der AfD-Fraktion Brandenburg und im Bundestagsbüro des oben thematisierten Harald Weyel tätig. Lehnert ist Vereinsvorsitzender des „IfS“ und „wissenschaftlicher Leiter“. Er ist Lektor beim „Verlag Antaios“. Außerdem ist er Mitbegründer und Redakteur der „Sezession“. Dementsprechend lassen sich zahlreiche Bücher von Lehnert im „Verlag Antaios“ finden. Zudem ist er Verfasser etlicher Beiträge für die „Sezession“ und „Sezession im Netz“. Eine rege Beteiligung an den Veranstaltungen des „IfS“ lässt sich ebenso feststellen.
Andreas Lichert (MdL) aus Hessen ist ehemaliger Co-Vorsitzender des „IfS“. Lichert war am extrem rechten Wohnprojekt in der Adam-Kuckhoff-Straße 16 des Hallenser Ablegers der „identitären“ „Kontrakultur Halle“ beteiligt. Im Kaufvertrag der Immobilie trat er als Bevollmächtigter des Käufers auf. Der Käufer war Helmut Englmann (Gründer der extrem rechten „Titurel-Stiftung“). Lichert trat danach weiter als Ansprechpartner für die Stiftung in Erscheinung. Für die „Sezession Nr. 78“ schrieb er einen Beitrag mit dem Titel „Die Abschaffung des Bargeldes“ [18]. Auf dem 2. und 3. „Staatspolitischen Kongress“ des „IfS“ führte Lichert die Begrüßung der Teilnehmer durch [19, 20]. Auf der „17. Sommerakademie des IfS“ referierte er zum Thema „Nach dem Brexit – scheitert TTIP oder kommt es durch die Hintertür?“ [21]. Lichert hielt beim „17. Staatspolitischen Salon des IfS“ in München den Vortrag „Herrschaft durch Wohlstandsillusion“ [22]. Als AfD-Politiker und Autor der „Sezession“ nahm er 2018 am Kongress „Verteidiger Europas“ in Aitersheim, Österreich des extrem rechten Veranstalters „Europäische[s] Forum Linz“ teil [23].
Thomas Thumm (MdL) aus Sachsen nahm 2020 an der Podcastreihe „Lagebesprechung“ des „Freilich Magazin“ teil [24]. Dieser Podcast findet in Kooperation mit der „Sezession“, „Ein Prozent“ und dem „Verlag Antaios“ statt.
Hans-Thomas Tillschneider (MdL) aus Sachsen-Anhalt, Mitglied der angeblich aufgelösten extrem rechten AfD-Gruppierung „Der Flügel“, hielt auf dem „10. Staatspolitischen Salon des IfS“ in Berlin bei der Berliner Burschenschaft „Gothia“ einen Vortrag unter dem Titel „Die Sorge der Orientalistik“ [25]. Für die „Sezession Nr. 65“ schrieb er einen Kurzbeitrag mit dem Titel „Vorsicht: Wertkonservative“ [26]. Außerdem wurde er in der „Sezession“ zur Niederlage Bernd Luckes interviewt [27]. Tillschneider nahm in der Folge 23 des „Podcast in Schnellroda“ teil [28]. Titel des Podcasts war „Am Rande der Gesellschaft« über Analysen, Beobachtungen und Gruppen“. Dabei waren Götz Kubitschek, Benedikt Kaiser, Ellen Kositza und eben auch Hans-Thomas Tillschneider anwesend.
Jan Moldenhauer (MdL) aus Sachsen-Anhalt, Mitglied des Stadtrates Magdeburg, nahm am „3. Staatspolitischen Salon in Halle“ teil. Dort hielt er einen Vortrag zum Thema „Vorbild Japan? Zuwanderungspolitik im Land der aufgehenden Sonne“ [29]. Moldenhauer nahm an der „19. Winterakademie des IfS“ teil. Dort war er beteiligt an einem Podium zum Thema „Fachkräftemangel und Volksauflösung – eine Debatte“ [30]. Auch in der Zeitschrift „Sezession“ veröffentlichte er zahlreiche Beiträge. In der „Sezession Nr. 80“ schrieb er zum Thema „Die AfD der Wahl: Machtfragen, Richtungsdebatten, Strategiefindung“ [31]. In der „Sezession Nr. 82“ schrieb er zum Thema „Zuwanderungslegitimation und Flüchtlingsindustrie“ [32]. Für die „Sezession im Netz“ schrieb er 2019 einen Gastbeitrag zum Thema „Japan – Auf dem Weg zum liberalen Einwanderungsland?“ [33]. Im April 2020 schrieb er für den Weblog der „Sezession im Netz“ zum Thema „AfD – Flügelauflösungsbeschluss und Spaltungsdebatten“ [34]. Im Mai 2020 schrieb er abermals für den Weblog der „Sezession im Netz“ zum Thema „Pandemie, De-Globalisierung, Rückkehr der Nation“ [35]. Dieser Beitrag erschien auch in der „Sezession Nr. 97“ [36]. Zudem ist Moldenhauer Autor der „IfS“-Studie „Japans Politik der Null-Zuwanderung. Vorbild für Deutschland?“ [37].
Dass das extrem rechte „IfS“ Verbindungen zu relevanten Mitgliedern der AfD besitzt und diese Partei und deren Mitglieder ideologisch formt, stellt eine beunruhigende Tatsache dar. Diese Verbindungen weisen nach, dass das extrem rechte „Theorieorgan“ Einfluss bis in die Parlamente besitzt und es dadurch die Geschehnisse innerhalb derer zu einem gewissen Maß beeinflussen kann. Zudem lässt sich an dieser Vernetzung zwischen dem „IfS“ und der AfD erkennen, dass sich der Einfluss des „IfS“ nicht nur auf die „Neue Rechte“ beschränkt.
Diese Verbindungen zur AfD aufzudecken und dem „IfS“ keine Ruhe zu lassen, bleiben nach wie vor eine wichtige Aufgabe antifaschistischer Gruppen!
[1] „Sezession im Netz“, Ost und West (2) – Zwei Deutschlands, Roger Beckamp, 12.08.2019, Stand: 16.02.2022
[2] „Institut für Staatspolitik“, Gauland in Schnellroda – Populismus und Demokratie, 23.01.2019, Stand: 16.02.2022
[3] Gauland, Alexander: Populismus und Demokratie, „Sezession“ 88/2019
[4] siehe Onlineshop „Verlag Antaios“
[5] „Sezession im Netz“, Kongress in Schnellroda: Jongen, Krah und die 75. „Sezession“, Götz Kubitschek, 27.09.2016, Stand: 17.02.2022
[6] „Institut für Staatspolitik“, 17. „IfS“-Winterakademie in Schnellroda: »Gewalt«, 28.12.2016, Stand: 17.02.2022
[7] Jongen, Marc: Migration und Stresstraining, „Sezession“ 76/2017
[8] „Sezession im Netz“, Der Fall Wolfgang Gedeon – ein Austausch zwischen Marc Jongen und Götz Kubitschek, Götz Kubitschek, 30.06.2016, Stand: 17.02.2022
[9] „Sezession im Netz“, Alternative heißt: Es geht ganz anders., Springer/Berndt/Hornuf/Hohloch, 02.03.2021, Stand: 17.02.2022
[10] „Institut für Staatspolitik“, 20. „IfS“-Sommerakademie – Das politische Minimum, 04.07.2019, Stand: 17.02.2022
[11] „Institut für Staatspolitik“, 19. „IfS“-Sommerakademie – Die Zukunft Europas, 25.07.2018, Stand: 17.02.2022
[12] Kaiser, Benedikt, Was will eigentlich…Max Otte?, „Sezession“ 101/2021
[13] „Institut für Staatspolitik“, Ansturm auf Europa – Herbstkongress des „IfS“, 14.09.2015, Stand: 17.02.2022
[14] „Sezession im Netz“, Björn Höcke, Stefan Scheil und die AfD – ein Doppelinterview (1. Teil), Götz Kubitschek, 15.10.2014, Stand: 17.02.2022
[15] „Sezession im Netz“, Björn Höcke, Stefan Scheil und die AfD – ein Doppelinterview (Teil 2), Götz Kubitschek, 13.11.2014, Stand: 17.02.2022
[16] „Sezession im Netz“, “Unruhe ist Pflicht” – Höcke im Gespräch, Götz Kubitschek, 08.03.2019, Stand: 17.02.2022
[17] „Sezession im Netz“, »Über den Flügel hinaus« – ein Gespräch mit Björn Höcke, Götz Kubitschek, 21.03.2020, Stand: 17.02.2022
[18] Lichert, Andreas, Die Abschaffung des Bargeldes, „Sezession“ 78/2017
[19] „Institut für Staatspolitik“, 15 Jahre „Institut für Staatspolitik“ – Kongress am 13./14. Juni in Schnellroda, 19.05.2015, Stand: 17.02.2022
[20] „Institut für Staatspolitik“, Ansturm auf Europa – Herbstkongress des „IfS“, 14.09.2015, Stand: 17.02.2022
[21] „Sezession im Netz“, “Lage 2016” – Sommerakademie in Schnellroda!, Erik Lehnert, 11.08.2016, Stand: 17.02.2022
[22] „Institut für Staatspolitik“, 17. Staatspolitischer Salon: “Herrschaft durch Wohlstandsillusion”, 19.01.2017, Stand: 17.02.2022
[23] Internetseite „dahamist“, Andreas Lichert – Verteidiger Europas, 21.02.2018, Stand: 17.02.2022
[24] „Freilich Magazin“, Den Bürgern eine Stimme – Thomas Thumm im Gespräch, 20.05.2020, Stand: 17.02.2022
[25] „Sezession im Netz“, »Unvergleichbare Fremdheit« – Tillschneider über den Islam, Nils Wegner, 24.06.2015, Stand: 17.02.2022
[26] Tillschneider, Hans-Thomas, Vorsicht: Wertkonservative, „Sezession“ 65/2015
[27] „Sezession im Netz“, Tillschneider über die AfD nach Essen, die neue Einheit und eifrige Warner, Götz Kubitschek, 07.07.2015, Stand: 17.02.2022
[28] „Frei3“, #23 | »Am Rande der Gesellschaft« über Analysen, Beobachtungen und Gruppen, 08.10.2021, Stand: 17.02.2022
[29] „Institut für Staatspolitik“, 3. Staatspolitischer Salon in Halle/Saale am 15. Februar 2018: »Vorbild Japan? Zuwanderungspolitik im Land der aufgehenden Sonne« mit Dr. Jan Moldenhauer, 09.02.2018, Stand: 17.02.2022
[30] „Institut für Staatspolitik“, 19. „IfS“-Winterakademie – 18. bis 20. Januar 2019, 29.11.2018, Stand: 17.02.2022
[31] Moldenhauer, Jan, Die AfD der Wahl: Machtfragen, Richtungsdebatten, Strategiefindung, „Sezession“ 80/2017
[32] Moldenhauer, Jan, Zuwanderungslegitimation und Flüchtlingsindustrie, „Sezession“ 82/2018
[33] „Sezession im Netz“, Japan – Auf dem Weg zum liberalen Einwanderungsland?, Jan Moldenhauer, 10.04.2019, Stand: 17.02.2022
[34] „Sezession im Netz“, AfD – Flügelauflösungsbeschluss und Spaltungsdebatten, Jan Moldenhauer 02.04.2020, Stand: 17.02.2022
[35] „Sezession im Netz“, Pandemie, De-Globalisierung, Rückkehr der Nation, Jan Moldenhauer 06.05.2020, Stand: 17.02.2022
[36] Moldenhauer, Jan, Pandemie, De-Globalisierung, Rückkehr der Nation, „Sezession“ 97/2020
[37] siehe Onlineshop „Verlag Antaios“