Wir sind das Kollektiv „IfS dichtmachen“ und befassen uns insbesondere mit dem sogenannten Institut für Staatspolitik sowie den weiteren neurechten Strukturen um Götz Kubitschek und co. Zwar sind diese im kleinen Ort Schnellroda im Saalekreis ansässig, doch reichen die Netzwerke und Einflusssphären weit darüber hinaus.
Deshalb möchten wir hier in Thale die Verbindungen zwischen dem IfS und der rechten Szene im Harz thematisieren. Dabei geht es keineswegs nur um die ideologischen Einflüsse, die auf die großen Mengen an Publikationen aus Schnellroda zurückzuführen sind. Denn auch personell gibt es viele Verbindungen, auf die ein antifaschistischer Blick geworfen werden muss.
Das Institut für Staatspolitik mit den quasi dazugehörigen Publikationsorganen Sezession und Verlag Antaios ist nämlich nicht nur eine – angeblich wissenschaftliche – Denkfabrik für die sogenannte Neue Rechte, auch wenn die Akteur:innen das gern so darstellen. Mindestens genauso wichtig wie die Ideologieproduktion bzw. -reproduktion ist die Funktion als Knotenpunkt für Netzwerke der Neuen Rechten. Sowohl die sogenannten Akademien, die regelmäßig in Schnellroda stattfinden, als auch die zahlreichen, langjährigen Kontakte Kubitscheks in die rechtsradikale Szene hinein, haben dazu geführt, dass das IfS regional, deutschland- und europaweit nicht mehr aus der Neuen Rechten wegzudenken ist.
Doch welche Verbindungen lassen sich nun zur rechten Szene im Harz fassen?
Zunächst sind die AfD und die Identitäre Bewegung zu nennen. Es ist mittlerweile bis in das bürgerliche Spektrum hinein bekannt, dass viele der Inhalte und Strategien der AfD auf das IfS zurückzuführen sind und es eine enge Zusammenarbeit gibt. Die Identitäre Bewegung wurde sogar maßgeblich von Götz Kubitschek entwickelt und initiiert. Auch wenn sie inzwischen an Bedeutung verloren hat, gibt es dennoch weiterhin aktive Kader und auch ehemalige Kader haben ihrer rechten Gesinnung nicht abgeschworen. Dass die Identitären im Harz noch einigermaßen aktiv sind, zeigt sich z. B. an regelmäßigen Teilnahmen an Protesten gegen die Corona-Maßnahmen im Ostharz.
Eng verknüpft mit der IB ist die Initiative „Ein Prozent für unser Land“. Im Harz tritt diese vor allem im Rahmen des Projektes „Netzwerk Landraum“ auf, welches versucht Spenden und Investitionen für völkische Siedlungsprojekte zu akquirieren. Wie viel Geld bislang
zusammengekommen ist und wo es hingeflossen ist, ist unklar. Allerdings finden sich
passenderweise viele Sticker der Kampagne in Wienrode, einem Ortsteil von Blankenburg.
Dort ist seit 2009 die Gruppe „Weda Elysia“ ansässig, die der Anastasia-Bewegung und damit der völkischen Siedlerszene angehört. Ein weiteres Wohnhaus der Gruppe befindet sich in Timmenrode, in Quedlinburg und Pansfelde gibt es ebenfalls Projekte. Zwar hat die Gruppe um das Gründungspaar Maik S. und Aruna P. noch kein „Familienlandsitz“ genanntes Gehöft für die völkische Gruppe einrichten können, dennoch gibt es einige andere besorgniserregende Vorhaben, wie die Renovierung einer ehemaligen Dorfkneipe, die zu einem Veranstaltungshaus namens Haus Lindenquell umgebaut worden ist. Hier ist eine Strategie erkennbar, die typisch für die Neue Rechte ist: nach außen hin will man friedlich, bürgerlich und engagiert wirken – um so einen Fuß in der Tür zu haben für radikalere Positionen. In letzter Zeit nehmen Mitglieder der Gruppe an den großen Protesten gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen teil und zeigen dabei eine Nähe zum rechtsradikalen Nikolai Nehrling.
Die Gruppe „Weda Elysia“ richtet regelmäßig Volkstanz- und Julmarkt-Veranstaltungen aus, vor allem in Wienrode und Reddeber. Dabei offenbaren sich rechtsradikale Tendenzen z.B. im Liedgut: unter anderem werden nämlich nationalsozialistische Lieder und Gedichte zum Besten gegeben.
Hierbei spielt der sogenannte Neofolk eine tragende Rolle. Neofolk wurde von der IB verstanden als rechte Alternative zum Pop und auch in der Sezession finden sich Lobeshymnen auf diese achso alternative Musikrichtung – natürlich konnte niemand außerhalb der Szene nennenswerten Erfolg damit verbuchen, aber innerhalb der rechten Szene nahm damit die Bedeutung zu. So war die Neofolk-Sängerin mit dem Künstlernamen „Stimme der Heimat“ vormals bei den Identitären aktiv und steht nun der Gruppe „Weda Elysia“ nahe. Inhaltlich gibt sich der Musikstil naturnah, ist jedoch hauptsächlich anti-modernistisch, völkisch, neuheidnisch – und basiert oft auf NS-Liedgut. Damit ist diese Musik wie für die Ziele der Neuen Rechten geschaffen: sie stellt sich als etwas Neues dar, das sich gegen die Moderne stellt – und transportiert dabei, möglichst unterschwellig, faschistisches Gedankengut. Zu der sachsen-anhaltischen Neofolk-Szene gehört der Sänger Uwe Nolte, der schon lang aktiv ist und viele Kontakte hat, zum NSU-Umfeld, zur ehemaligen Kontrakultur Halle, zu Götz Kubitschek.
Er ist Teil des Neofolk-Kollektivs „Orphischer Kreis“ und nahm z. B. an einem Konzert anlässlich der Wintersonnenwende 2019 in der Kreuzmühle in Rübeland teil. Dort war auch die rechtsradikale, neuheidnische Gruppe „Wölfe Nordland“ bzw. „Wolfskult“ aktiv, welche sich auf die internationale „Operation Werewolf“ bezieht. Auch in Questenburg wurden 2019 Mitglieder der „Wölfe Nordland“ zusammen mit Mitgliedern des „Orphischen Kreises“, unter anderem Uwe Nolte, beobachtet. In diesem Dorf im Südharz befindet sich der sogenannte Questenbaum, ein geschälter Eichenstamm mit aufgesetztem Kranz, der in Verbindung mit germanischer Mythologie gesetzt wird – natürlich ohne wirklich fundierten Hintergrund – und jedes Jahr beim Pfingstfest Mittelpunkt eines pseudogermanischen Rituals wird. Neben Nolte unterstrich auch die Anwesenheit des Hallenser IB-Kaders Torsten G. eine Nähe zu Halle und Schnellroda.
Erschreckend ist, dass bei diesem Fest in Questenburg die Dorfbewohner:innen Seite an Seite mit den extrem rechten Neuheid:innen feiern, und dass Jens Lange, der aus Noltes Umfeld stammt, für die AfD in den Ortschaftsrat gewählt wurde. Er saniert aktuell eine alte Dorfschule, die zu einem rechten Veranstaltungsort werden soll und leitet außerdem das Wahlkreisbüro für Björn Höcke. Uwe Nolte, der wie gesagt ein Bekannter Kubitscheks ist und enge Kontakte mit der Hallenser IB pflegte, weist darüber hinaus Verbindungen zu der völkischen Gruppe „Junge Landsmannschaft Ostdeutschland“ auf. Ein Zentrum dieser Gruppe ist der Harzhof in Steinbrücken, Abberode, im Südharz. Claudia S., die Frau des Gruppenchefs Christian S., gehört Noltes Umfeld an und widmete dem damals flüchtigen NSU-Trio ein Lied. Bei dieser Gruppe war neben dem Neonazi-Urgestein Steffen Hupka auch Götz Kubitschek bereits zu Gast.
Eine weitere direkte Verbindung findet sich beim ehemaligen IB-Kader Armin Ernst D., der, bevor er 2018 zu einer rechten öko-esoterischen Familie im Nordharz zog, in Schnellroda bei Kubitscheks wohnte.
Die älteren Kinder von Ellen und Götz Kubitschek wurden bereits mehrmals bei „Volkstanz“- Festen beobachtet, allerdings noch nicht im Harz – aber hieran zeigt sich erneut, dass die Kubitschek-Familie der Ideologie der völkischen Siedler:innen positiv gegenüber steht.
Es fällt also auf, dass insbesondere Festveranstaltungen mit Tanz und Neofolk-Musik sowohl IB-Kader, die mittlerweile oft eigene Familien haben, als auch die völkische Szene, wie z.B. Artgemeinschaftsgruppen, anlocken – diese scheinbar harmlosen Events fungieren also als Zusammenkünfte, wo sich verschiedene rechte Kleinstszenen miteinander austauschen und vernetzen können.
Dabei ist nicht verwunderlich, dass dies von Kubitschek gutgeheißen und unterstützt wird: denn er vertritt die von ihm als „Mosaik-Rechte“ bezeichnete Strategie. Dabei geht es darum, dass nicht jede rechte Strömung ein deckungsgleiches Weltbild vertreten muss, sodass keine ideologischen Konflikte ausgetragen werden brauchen, solang es sich eben um eine rechte Ideologie handelt. Und die verschiedenen Siedlungsgruppen verfolgen viele der Kernideen von Kubitschek und co., wie bspw. reaktionäre, extrem rechte Familienmodelle, die die „Reinheit“ und den Fortbestand des deutschen Volkes aufrecht erhalten sollen. Um in das bürgerliche Spektrum hinein zu agitieren und gleichzeitig Orte zur Vernetzung zu schaffen, sollen eigens sanierte Immobilien und volksfestartige Veranstaltungen genutzt werden.
Für uns Antifaschistinnen und Antifaschisten heißt das in der Konsequenz: ob im Harz, in
Schnellroda oder sonst wo – völkischen Strukturen den Kampf ansagen!
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