
Einen Tag nachdem zehntausend Menschen in Halle gegen den bundesweiten Wahlkampfauftakt der AfD demonstriert haben, wurden auch die Faschist*innen bei den „Studientagen“ rund um das umstrukturierte „Institut für Staatspolitik“ (IfS) in Schnellroda (Saalekreis) mit Widerspruch konfrontiert.
Am Sonntag, den 26.01.2025, hatten wir zum Protest aufgerufen und konnten ihn gemeinsam mit Klinke Merseburg erfolgreich bestreiten. Die Teilnehmer*innen der „Studientage“ reagierten darauf ungehalten, versuchten sich zu vermummen und kritische Berichterstattung zu verhindern.
Als negativer Höhepunkt kann der Versuch gesehen werden, eine Person von der Presse mit Schirmen zu bedrängen und einzuschüchtern. Letztlich geht es den Faschist*innen darum, nicht nur ihre Netzwerke vor der Öffentlichkeit zu verbergen, sondern auch darum, jeden Protest als illegitim, fremdgesteuert und konstruiert darzustellen. Deshalb kam es auch immer wieder Drohgebärden gegenüber unsere Teilnehmer*innen, die sich aber nicht beeinflussen ließen, sondern lautstark deutlich machten, dass wir erst mit dem antifaschistischen Gegenprotest aufhören, wenn es keine faschistischen Vernetzungstreffen mehr in Schnellroda gibt.
Für Martin Sellner, Ex-IB-Chef und Stammautor sowie Referent in Schnellroda, ist das Grund genug, sich von der Polizei in der BRD mal wieder verfolgt zu fühlen. Während die Polizei tatsächlich bei den rechten Einschüchterungsversuchen gepennt hat und bis heute den Rechten Sonderbefugnisse, wie etwa das Abkleben der Kennzeichen, einräumt, strickt man am Opfermythos. Zur Tatsache, dass man Pressevertreter*innen nicht grundsätzlich bedrängen und deren Arbeit verhindern kann, erklärt Sellner weinerlich: „Nichtmal abschirmen ist in der BRD erlaubt. Der Rechte muss sich brav von linken Cretins abfotografieren und perlustrieren lassen, damit dann die Linksterroristen der Hammerbande zuschlagen können. Wie kann man heutzutage in Deutschland nur Polizist sein?“
Inhaltlich standen die „Studientage“ unter dem Motto „Amerika“. Hier bemüht sich Schnellroda um künstliche Distanz gegenüber den USA an sich, kann sich dem Hype um Trump aber nicht entziehen. Dabei wagte man sich nicht auf neues Terrain, sondern blieb beim Standard-Verfahren. Seit einigen Jahren werden die Referent*innen der Veranstaltungen in Schnellroda nicht mehr vorab veröffentlicht, aber die meisten Vorträge kommen von Dauerreferenten wie z.B. Erik Lehnert, Martin Semlitsch, Benedikt Kaiser, Götz Kubitschek, Nils Wegner und Martin Sellner, die auch alle im „Verlag Antaios“ veröffentlichen.
Dabei ist das Thema der Akademien bzw. Studientage nahezu willkürlich austauschbar, weil es letztlich um die Talking Points gegen Demokratie, für Ungleichheit, Rassetheorien und den völkischen Umsturz geht. Ein Beispiel findet sich bei Benedikt Kaiser, der einen Vortrag zu dem US-Vizepräsident JD Vance gehalten hat. Darüber haben wir u.a. vorher im Interview mit Radio Corax korrekt spekulieren können, weil Kaisers Talking Point die Idee ist, weiße/deutsche Arbeiter über rassistische (Anti-)Solidargemeinschaften einzubinden.
Letztlich hat das Wochenende gezeigt, was sich in der globalen extremen Rechten absehen lässt: Dass Rechtsradikale in den USA die Regierung bilden, sie dort Verfassungsgrundsätze aufheben und Grundrechte zerstören, gibt ihnen Auftrieb, macht sie aber auch zu Anhängseln. Wo früher anti-liberaler kulturalistischer Amerikahass anzutreffen war, sieht man die USA heute als Marktführer in Sachen Faschismus an und gibt sich entsprechend ideologisch flexibel. Das heißt auch, dass die US-Rechte in Zukunft deutlich stärker in Europa intervenieren wird. In Schnellroda war mutmaßlich auch Jared Taylor anwesend, der dort versucht hat, die „White Supremacy“-Ideologie salonfähig zu machen und sich nun am Zwischenziel sieht. Andere US-Reaktionäre organisieren die rechten CPAC-Konferenzen seit 2022 in Ungarn und seit 2024 in Argentinien, um andere Rechte an sich zu binden. Mit vielen US-Akteur*innen ist also auch bei dem von Sellner und Co. beworbenen und organisierten „Remigration Summit 25“ zu rechnen, wofür verschiedene Funktionäre der faschistischen „Identitären“ (und ihrer Ableger) derzeit verstärkt um Spenden betteln. Ein antifaschistischer Blick in die USA lohnt also ebenfalls. Denn die rechte Strategie, solange längst widerlegte und eigentlich überwundene faschistische Grundposition zu wiederholen und in den Diskurs zu hämmern, funktioniert auch hier, wie man in der Diskussion rund um das Asylrecht sieht.
Deshalb werden wir natürlich weiterhin in Schnellroda demonstrieren und dafür sorgen, dass die Faschist*innen nicht unter sich bleiben!
Radio Corax: Vorabbericht zum Protest https://radiocorax.de/ifs-dichtmachten-aktion-gegen-veranstaltung-am-we/
Bilderstrecke von „Recherche Nord“: https://www.recherche-nord.com/gallery/2025.01.25.html